Es ist der Jahresbeginn von 2025. Wenn es nach dem Kohleausstiegsgesetz von 2020 geht, sollen in 10 Jahren bis 2035 (spätestens aber 2038) aller Kohlekraftwerke abgeschaltet sein.
Ein guter Zeitpunkt eine Bestandsaufnahme zu machen.
Abbildung 1 zeigt die installierte Erzeugungsleistung nach Energieträgern am 01.01.2025 (Quelle SMARD.de). Hier die Top 5 Energieträger nach Erzeugungsleistung:
- 86,4 GW – Photovoltaik
- 63,2 GW – Windkraft (Onshore/an Land)
- 36,6 GW – Erdgas
- 16,4 GW – Steinkohle
- 15,2 GW – Braunkohle
Abb. 1: Installierte Erzeugungsleistung in Deutschland nach Energieträgern zum 01.01.2025, Quelle SMARD.de
Die absolute Spitzenlast in Deutschland liegt bei ca. 80 GW. Regelmäßig werden im Dezember ca. 70 GW Höchstlast erreicht. Betrachtet man diesen Wert und die Werte zur installierten Erzeugungsleistung könnte man annehmen, dass unser Kraftwerkspark hochgradig überdimensioniert ist.
Dem ist aber nicht so. Die „gesicherte“ Kraftwerksleistung liegt weit unterhalb der Summe aller Werte aus Abb. 1. Gerade bei Photovoltaik wird aufgrund von verschiedenen Aspekten nie die installierte Leistung erreicht werden. So lag die erbrachte Spitzenleistung durch Photovoltaik in 2024 bei ca. 47 GW (siehe SMARD.de). Davon abgesehen gibt es Nachts nie Leistung aus Photovoltaik Anlagen. Auch die Leistung aus Windkraft hängt davon ab, wo und wieviel der Wind weht. Windstille (Flaute) Zeiten kommen vor allem im Sommer vor, können aber auch im Winter passieren. Die Leistung von Pumpspeicher kann nur wenige Stunden abgerufen werden. Letztendlich ist auch die potentielle Leistung aus den konventionellen Kraftwerken hinsichtlich der installierten Leistung nur bedingt gesichert. Durch Defekte oder Revisionen sind immer Anlagen nicht Betriebsbereit. Andere Kraftwerke die in dieser Abbildung mit gezählt wurden sind reine Reservekraftwerke, die nur im Notfall und mit zeitlichen Vorlauf angefahren werden können.
Einen guten Überblick zur gesicherten Kraftwerksleistung liefert ein Blick in die deutsche Stromerzeugung zwischen dem 11. und 12. Dezember 2024 (siehe Abb. 2). Aufgrund einer Dunkelflaute (kein Wind und keine solare Einstrahlung), gab es an diesen Tagen keinen nennenswerten Beitrag aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen zur Stromerzeugung. Gleichzeitig war der Strombedarf sehr hoch. Der durchschnittliche Großhandelsstrompreis an diesen Tagen war bereits sehr hoch, am 12. Dezember stieg dieser dann zwischen 17 Uhr und 18 Uhr auf einen enorm hohen Wert von 936 €/MWh. Das ist ca. Faktor 11,8 zum Jahresdurchschnittspreis.
Jetzt sind hohe Preisspitzen per se nichts dramatisches, helfen diese dabei im Markt die richtigen Anreize für Reservekraftwerke, flexible Verbraucher und Speicher zu setzen. Aber diese spezielle Situation hilft zu sehen: Was sind die gesicherte Kraftwerksleistungen? Denn bis auf die „kalten“ Reservekraftwerke und nicht betriebsfähigen Kraftwerke muss bei diesen hohen Strompreisen über diese zwei Tage davon ausgegangen werden, dass alle Betreiber möglichst deren gesamte Leistung in den Markt gebracht haben. Folgende Kraftwerksleistungen waren am Netz:
- 0,0 GW – Photovoltaik
- ~0,5 GW – Windkraft (Onshore/an Land)
- 19,1 GW – Erdgas
- 6,2 GW – Steinkohle
- 11,6 GW – Braunkohle
Abb. 2: Last- und Erzeugungsverlauf Deutschland in einer Dezemberperiode 2024, Quelle SMARD.de
Damit ergibt sich ein ganz anderes Bild. Der Kraftwerkspark wirkt nicht mehr überdimensioniert. Die fehlenden rund 20 GW Leistung wurden aus dem europäschen Verbundnetz gekauft. Falls diese nicht liefern könnten, gibt es in Deutschland aktuell noch ausreichend Kraftwerkreserven (basierend auf Gas und Kohle), die abgerufen werden können. Zum Beispiel wenn es ein kalter Winter wäre und in Frankreich wieder außerplanmäig eine große Anzahl von Kernkraftwerken vom Netz müssten. In der Vergangenheit hat Deutschland hier mit einem großen Kraftwerkspark aushelfen können. Doch es muss allen im europäischen Verbundsnetz klar sein: der deutsche Kraftwerkspark mit „gesicherter“ Leistung wird immer kleiner.
In Abb. 2. ist ebenfalls gut zu erkennen, dass die Windkraft über weite Teile in der Winterzeit einen fundamentalen Beitrag zur Stromversorgung beiträgt. Es gibt aber auch diese Tage (oder ganze Wochen), wo nichts da ist. Hier können auch keine Batteriespeicher helfen, da für längere Dunkelflauten mehrere 1.000 GWh gespeichert werden müssten. Diese Speicherkapazität geht aktuell nur mit fossilen Energieträgern, perspektivisch gehört dazu auch Wasserstoff.
In der Krafwerksstartegie der Bundesregierung SPD-Bündnis90/Die Grünen-FDP ist daurm auch die Ausschreibung und Förderung von H2O-fähigen Gaskraftwerken geplant. Mittelfristig sollen 10 GW neue Kraftwerksleistung enstehen. Das entsprechende Gesetzt wurde wegen dem Bruch der Koalition jedoch nicht verabschiedet. Wann die ersten Ausschreibungen kommen und wieviele an der Ausschreibung teilnehmen werden ist ungewiss. Gleichzeitig geht aber auch der Kohleausstieg vorran. Abbildung 3. zeigt die Entwicklung des „konventionellen“ Kraftwerkspakrs ohne Windkraft und Photovoltaik. Es ist nochmal deutlich zu erkennen, dass 10 GW Kraftwerksleistung nicht genug sind die Kohlekraftwerke zu ersetzen. Austieg und Ausbau muss aufeinander abgestimmt sein um das volkswirtschaftliche Risiko zu minimieren.
Abb. 2: Installierte Kraftwerksleistung in Deutschland von 2017 bis 2025 ohe Windkraft und Photovoltaik, Quelle SMARD.de